“The Brain from Inside Out” - Kapitel 1 bis 5

 
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György Buzsaki

The Brain from Inside Out - Kapitel 1 bis 5

Ein absolut faszinierendes Buch. Buzsaki wagt es, sein Wissen in einer Theorie zusammenzufassen. Ich sage, er wagt es, weil zumindest in wissenschaftlichen Arbeiten das Formulieren von interpretierenden Theorien nicht gerne gesehen wird. Was, wenn die Theorie falsch ist? Nun, ohne Theorien, die auch falsifizierbar sind, gibt es kein Weiterkommen. Und gleichzeitig ist es natürlich so, dass man darauf achten muss, nicht zu spekulativ zu sein. Buzsaki gelingt der Spagat aber hervorragend. Auch ist immer klar, was Fakten sind und was Modell ist. An dieser Stelle fasse ich die Kapitel 1 bis 5 zusammen, weil in denen das Titelthema “The Brain from Inside Out” behandelt wird, eine Sichtweise, die auch in meine zwei letzten Beiträge zum Bayesianischen Gehirn bzw. zu Closed Loops beim Neurofeedback eingeflossen ist.

Die Kernaussage seines Buches ist, dass das Gehirn ein selbstorganisierendes System ist, welches die Aufgabe hat, Handlungen zu generieren und dann anhand die vorhergesagten Konsequenten zu analysieren. Dies eben die „inside-out“ Strategie im Gegensatz zur verbreiteten „outside-in“ Strategie, die davon ausgeht, dass das Gehirn Sinneseindrücke empfängt, mit Hilfe dieser die Welt repräsentiert und dann entscheidet, wie darauf reagiert werden kann. In Kapitel 1 zeigt er die Geschichte des „outside-in“ Denkens auf.

In Kapitel 2 - Causation and Logic in Neuroscience - untersucht Buzsaki den Begriff der Kausalität. Ein Pfeiler der Naturwissenschaften ist, dass Kausalitäten aufgedeckt werden, um Voraussagen über das Verhalten eines Systems machen zu können. Bei selbst-organisierenden Systemen wie dem Hirn ist der Begriff der Kausalität aber heikel, weil diese Systeme mit verstärkenden und hemmenden Feedback-Loops arbeiten. Aktivitäten solcher Systeme werden weniger verursacht sondern „emergieren“ durch zirkuläre Interaktionen seiner Teilsysteme.

In Kapitel 3 - Perception from Action - stellt er sein Modell vor: Gegenstände und Ereignisse in der Welt können nur Bedeutung erlagen durch „brain-initiated“ actions. Das Gehirn generiert ein Modell der Welt durch die Resultate seiner Handlungen und aufgrund der Beziehungen der Ereignisse untereinander. Als wichtigen physiologischen Mechanismus nennt er die Tatsache, dass bei allen motorischen Befehlen Kopien an einen Vergleichsschaltkreis weitergeleitet werden. Nur dadurch kann unterschieden werden, welche Anteile der danach registrierten sensorischen Änderungen Folge der eigenen z.B. neuen Kopfhaltung oder aber der Beschaffenheit der Welt sind.

Kapitel 4 - Neuronal Assembly - untersucht, wie innerhalb des Gehirns Information sicher übermittelt wird. Dass nicht einzelne Neuronen sondern nur Assemblies Informationen weitergeben, ermöglicht einerseits die Stabilität gegenüber Fehlern und andererseits auch die Verarbeitung von Wahrscheinlichkeiten.

Kapitel 5 - Internalization of Experience - erachte ich als sehr zentral. Hier untersucht Buzsaki, wie die Entkopplung von Hirnnetzwerken und externem Input nützlich für die Kognition sein kann. Handlungspläne werden - ohne sie motorisch umzusetzen - an sensorische Areale weitergegeben und auf ihr mögliches Resultat hin untersucht. Daraus kann dann neue Kenntnis gewonnen werden, einzig durch selbst-organisierte Hirnaktivität. Diese selbst-organisierten, internen Operationen entsprechen der „Kognition“.

Ausgehend von dieser inside-out Grundannahme befasst sich Buzsaki dann in den Kapiteln 6 bis 13 mit Themen wie der inneren Organisation der Hirnaktivität, Externalisierung der Kognition (Technologie), Raum und Zeit im Hirn und spannt dann im Epilog den Bogen bis zu Themen der Psychiatrie und künstlicher Intelligenz. Diese Kapitel werde ich in einem späteren Beitrag zusammenfassen.


Buzsáki G. The Brain from Inside Out. Illustrated Edition. New York, NY: OXFORD UNIV PR; 2019. 464 S.